Biomedizinische Forschung am Puls der Zeit: Neue Waffen gegen Viren, Bakterien und den Zelltod
... eine Woche lang an der Philipps-Universität Marburg und dem Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie an Bakterienkillern, Virenjägern und neuen Mitteln gegen Alzheimer geforscht.
Mit dabei: Schülerin Zaynab Ghamel von der Eleonorenschule in Darmstadt.
Bensheim/Marburg • Wie können wir Krankheiten künftig besser heilen? Ihre Antworten auf diese Frage präsentierten die acht Schülerinnen und acht Schüler Gästen aus Wissenschaft, Politik, Schule und Wirtschaft auf der Abschlussveranstaltung des 39. Erfinderlabors des Zentrums für Chemie (ZFC) – spannend, kreativ und voller Neugier. Die Veranstaltung fand am 29. August im Zentrum für Synthetische Mikrobiologie der Philipps-Universität Marburg statt. „Die großen medizinischen Herausforderungen unserer Zeit – von Pandemien bis resistenten Keimen – verlangen nach neuen Ideen und mutigen Lösungen“, sagte Dr. Thomas Schneidermeier, Vorstand des ZFC. „Hier setzt das Erfinderlabor an: Oberstufenschülerinnen und -schüler erleben Forschung hautnah, entdecken ihre Talente und erleben praktisch aktuelle Forschung für die Medizin von morgen.“
Die jungen Frauen und Männer haben sich im strengen Auswahlverfahren des ZFC gegen 132 Mitbewerberinnen und 95 Mitbewerber von über 100 Schulen durchgesetzt – alle mit Bestnoten und ausgeprägtem Interesse an Biotechnologie, Pharmazie und den MINT-Fächern. Organisiert wurde das 39. Erfinderlabor vom ZFC in Kooperation mit u.a. der Philipps-Universität Marburg, dem Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und der CSL Innovation GmbH,
gefördert vom Hessischen Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen, dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, dem VCI Hessen sowie dem Verlag Spektrum der Wissenschaft.
Treffsicher wie James Bond: Bakterienkiller und Virenjäger
Lassen sich Demenzerkrankungen wie Alzheimer künftig aufhalten? Können „Bakterienfresser“ – sogenannte Bakteriophagen – Antibiotika bald ersetzen? Was leisten Nanofasern und Photosensitizer im Kampf gegen tödliche Infektionskrankheiten? Und was haben neuartige
Virustatika und James Bond gemeinsam? Mit solchen anschaulichen Fragen eröffneten die Schülerinnen und Schüler ihre Abschlusspräsentationen. Selbstbewusst und souverän erklärten sie auch hochkomplexe wissenschaftliche Zusammenhänge. „Wir haben am eigenen Leib erfahren, wie die Corona- Pandemie unser Leben auf den Kopf gestellt hat. Für viele Menschen war das sehr belastend“, sagte ein Schüler. Er verwies auf eine Grafik zu Krankheitsausbrüchen der letzten Jahrzehnte. „Es ist wichtig, weiter an Mitteln zu forschen, mit denen sich Erreger effektiv bekämpfen lassen. Am
Ende geht es darum, Leben zu retten.“
In den Laboren der Philipps-Universität Marburg und des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie arbeiteten die Schülerinnen und Schülern mit modernster Technik – von präzisen Analysegeräten bis hin zu Spezialmikroskopen. Begleitet von erfahrenen wissenschaftlichen Mitarbeitenden wagten sie sich an anspruchsvolle Experimente, probierten neue Methoden aus und erhielten so einen authentischen Einblick in den Alltag moderner Laborforschung.
„Zum Schluss zählt jeder Nanometer”
(Schülerin Zaynab Ghamel von der Eleonorenschule in Darmstadt)
Eine Woche lang durfte Zaynab Ghamel im Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie tief in die Welt der Nanofasern und Photosensitizer eintauchen. Besonders faszinierend war für sie, wie mithilfe moderner Geräte komplexe und winzige Strukturen hergestellt werden können. „Zum Schluss zählt jeder Nanometer“, erklärt die 17-Jährige begeistert. Zu den spannendsten Momenten gehörten die Arbeit mit der Spinnermaschine, die hauchdünne Polymerfasern erzeugt, sowie der Einsatz des Rasterelektronenmikroskops (REM), welches erlaubt, diese winzigen Strukturen überhaupt sichtbar zu machen.
Neben den fachlichen Erfahrungen schätzte sie besonders die Zusammenarbeit: „Wir haben uns alle sehr schnell verstanden und das Forschungsteam war auch total zugänglich.“ Für Zaynab war die Woche nicht nur eine intensive Auseinandersetzung mit den Methoden moderner Forschung, sondern auch eine Erfahrung, die ihr Verständnis für die gesellschaftliche Relevanz wissenschaftlicher Arbeit vertieft hat.
Gibt es den „typischen“ Karriereweg?
Antworten auf diese Frage gaben Dr. Christof Wegscheid-Gerlach, Fachbereichskoordinator an der Philipps-Universität Marburg und Leiter des Chemikums Marburgs, sowie Eva Scholz, Doktorandin am Zentrum für Tumor- und Immunbiologie. Dabei griffen sie auch auf persönliche Erfahrungen zurück. „Viele Karrierewege verlaufen nicht geradlinig – auch meiner nicht“, sagte Wegscheid-Gerlach. Das gängige Bild vom Apotheker im weißen Kittel hinter dem Tresen sei nur ein Ausschnitt der Möglichkeiten: „Für Pharmazeutinnen und Pharmazeuten gibt es heute eine Vielzahl an Berufsfeldern.”
Außerdem beantworteten sie Fragen zur Berufs- und Studienorientierung: Wie läuft das Pharmaziestudium ab? Wie sind Grund- und Hauptstudium aufgebaut? Was macht das Fach so abwechslungsreich?
„Minties“ beim ZFC: jung, kreativ und digital
Hochaktuell und mitreißend waren nicht nur die Vorträge der Schülerinnen und Schüler. Auch im Format „Frag die Minties”, das Dr. Thomas Schneidermeier vorstellte, geht das ZFC neue Wege in der Wissensvermittlung: In Erklärvideos, Shorts und Reels auf Social Media-Kanälen beantworten ehemalige Erfinderlabor-Teilnehmende – heute MINT-Studierende – aktuelle Fragen. Mal geht es um Zukunftstechnologien wie mRNA-Impfstoffe, bioabbaubare Kunststoffe oder Grünen Stahl, mal um ganz persönliche Einblicke: Wie läuft ein Studium ab? Was steckt in einer Bachelorarbeit? „Schülerinnen und Schüler können sich die Videos in ihrer Freizeit anschauen – und Lehrkräfte haben die Möglichkeit, sie direkt in den Unterricht einzubauen“, so Schneidermeier. „So schlagen wir eine Brücke zwischen Forschung und Klassenzimmer.“
Über das Zentrum für Chemie
Das Zentrum für Chemie (ZFC) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Seit 20 Jahren führt das ZFC in Kooperation mit Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Verbänden, Stiftungen und Ministerien MINT-Projekte für Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 19 Jahren durch, um klassische Unterrichtsinhalte mit Berufsfeldern im MINT-Bereich zu koppeln. Die Einbindung gesellschaftsrelevanter Fragestellungen in den Regelunterricht ermöglicht eine bessere berufliche Orientierung, trägt damit zur MINT-Fachkräftesicherung bei und erlaubt es News mit MINT-Wissen einzuordnen. Weitere Informationen: www.z-f-c.de